
Westspiel: Kapitalabzug plus Coronahilfe?
Die Privatisierung der landeseigenen Westspiel-Spielbanken wird in Nordrhein-Westfalen ohnehin kontrovers diskutiert. Für weiteres Öl im Feuer sorgt nun ein investigativer Bericht von Der Spiegel, wonach Westspiel millionenschwere Kapitaleinlagen entzogen wurden. Anschließend soll Düsseldorf Coronahilfen für Westspiel beim Bund beantragt haben. Wollte das Finanzministerium abkassieren und gleichzeitig Zahlen beschönigen?
Ohnehin halten SPD und Grüne den Verkauf von Westspiel für unbegründet und hatten der schwarzgelben Koalition schon mehrfach Tricks bei der Privatisierung der Spielbanken vorgeworfen. Auf Basis übertrieben dargestellter Umsatzverluste würde der Verkauf mit Hochdruck vorangetrieben, dabei gebe es überhaupt keine Dringlichkeit für den Verkauf, so die Vorwürfe. Umso heikler dürfte sich der nun veröffentlichte Spiegel-Bericht auswirken.
Der Spiegel bezieht sich auf interne Dokumente von Westspiel, wonach die Landesregierung von NRW dem Unternehmen eine Kapitaleinlage in Höhe von 35 Millionen EUR abgezogen haben soll. Hieraus resultierte ein finanzieller Engpass, der den Verkauf wahrscheinlich negativ hätte beeinflussen können. Folglich sollen Coronahilfen beim Bund beantragt worden sein, um das Finanzloch auszugleichen und die Zahlen wieder zu beschönigen.
Die Vorwürfe wurden von Düsseldorf vehement bestritten. Es sei legal, Coronahilfen zu beantragen, da die vier Spielbanken in Bad Oeynhausen, Aachen, Dortmund (Hohensyburg) und Duisburg wegen der Coronakrise keine Gewinne erwirtschaften könnten. Alle rund 1.000 Mitarbeiter befänden sich zudem in Kurzarbeit. Der Kapitaleinzug sei schon seit längerem geplant gewesen und hätte nichts mit den Coronahilfen oder dem Verkauf von Westspiel zu tun.
Warum soll Westspiel privatisiert werden?
Angeblich aufgrund langfristiger Umsatzverluste. Finanzminister Lutz Lienenkämper nannte das Unternehmen dauerhaft defizitär und sprach von einem katastrophalen Management. Allerdings gründen diese drastischen Aussagen nur auf den Finanzergebnissen von 2016 bis 2018. Schon 2019 hatte Westspiel wieder Gewinne von 3,2 Millionen EUR eingefahren. Außerdem wurden 50 Millionen EUR an Steuern abgeführt. Vor diesem Hintergrund übten Opposition und Betriebsrat massive Kritik an dem geplanten Verkauf. Die Interessen der Angestellten fänden keine Berücksichtigung, hieß es. Obendrein ginge die Privatisierung zulasten des Spielerschutzes.
Wer wird der neue Eigentümer?
Dass sich innerhalb der Krise ein neuer Inhaber für Westspiel findet, ist unwahrscheinlich. Laut Aussagen des Finanzministeriums sollen nur noch drei Bieter im Rennen sein, von denen konkrete Angebote erwartet würden. Einen Mindestkaufpreis gibt es nicht, was von Opposition und Betriebsrat ebenfalls scharf kritisiert wird. Angeblich sollen Gauselmann (Merkur), Novomatic AG und Casinos Austria an der Übernahme interessiert sein. Dazu kämen etwaige Investoren.
Für die Übernahme gelten einige Bedingungen – unter anderem muss der neue Eigentümer mindestens drei Jahre im Spielbankengeschäft tätig gewesen sein und über 20 Millionen EUR Eigenkapital besitzen. Als zusätzliches Schmankerl wird dem neuen Eigentümer eine weitere Lizenz angeboten, diese gilt für zwei zusätzliche Spielbanken. Die Standorte wäre für den neuen Inhaber freiwählbar.