
Rheinland-Pfalz: 329 Spielos vor dem Aus
Nicht nur die Covid-19-Pandemie, auch die Mindestabstandsregel des neuen Glücksspielgesetzes setzt Spielhallen und Spielotheken deutschlandweit unter Druck. Tausende von Schließungen drohen. Wie gravierend die Situation ist, zeigt sich aktuell am Beispiel von Rheinland-Pfalz, wo die Abstandsregel 500 Meter beträgt.
Der Mindestabstand gilt sowohl zwischen den einzelnen Filialen als auch zwischen den Filialen und Schulen, bzw. Kitas. Nur in Gewerbegebieten werden 200 Meter gewährt. Die Regel sorgt dafür, dass in Rheinland-Pfalz 329 von 610 Spielotheken vor dem Aus stehen. In Trier sind es 20 von 22, in der Region um Trier 36 von 72. Dazu kommen sechs im Kreis Trier-Saarburg, zwei in der Vulkaneifel und je vier im Eifelkreis Bitburg-Prüm und Bernkastel-Wittlich.
Die Zahlen wurden von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier veröffentlicht und sorgten unlängst für Aufsehen in Branche und Politik. Befürchtet werden Arbeitsplatzverluste von über 2.000 und Steuereinbußen zwischen 20 und 30 Mio. Euro. Ein sozial-wirtschaftliches Fiasko.
Laut Michael Mätzig, Direktor des rheinland-pfälzischen Städtetags, würden diese Punkte nicht in dem neuen Gesetz erwähnt, es handle sich daher um eine irreführende Gesetzgebung. Es würden Grenzen überschritten, was einer komplexeren Diskussion bedürfe. Unter den Spielhallenmitarbeitern sei das Qualifikationsniveau eher gering, viele ungelernte Kräfte und Minijobber seien dabei.
Diese hätten in der Coronakrise kaum Chancen sich anderweitige Jobs zu verschaffen. Zudem könnten sich die Spielstätten nicht mehr von der Krise erholen, wenn alle Kunden ab 01. Juli 2021 – dem Stichtag für die Legalisierung des deutschen Online Glücksspiels – ins Internet abwandern. Man solle die Mindestabstandsregel zwar beibehalten, den Betreibern jedoch die Möglichkeit bieten, neue Lizenzen zu beantragen.
Problematik auch in Berlin und Düsseldorf
Die Mindestabstandsregel kann von den Ländern individuell ausgestaltet werden. In Berlin sind es ebenfalls 500 Meter. Auch in der Hauptstadt wird eine Reduktion von 496 Spielhallen auf 120 geplant. Dies, obwohl Marktgrößen wie Gauselmann oder Löwen Entertainment massive Kritik an den Schließungen übten und vor Massenentlassungen warnten.
In Düsseldorf, wo 350 Meter gelten und Merkurinhaber Gauselmann als Sportsponsor aktiv ist, sollen ebenfalls über 100 Spielhallen dicht gemacht werden. 75 Prozent aller dort registrierten Spielgeräte fallen damit weg, was laut Gauselmann einem Totalverlust gleichkomme. Es handle sich um ein politisches Chaos, so der deutsche Glücksspielmarktführer.
Uneinigkeit bei Politikern
In Rheinland-Pfalz sorgen die neuen Zahlen für Uneinigkeit unter den Landtagsfraktionen. Die Grünen befürchten eine Zunahme von Spielsucht, da viele Spieler infolge der Schließungen online spielen würden. Die FDP kritisierte aktuell den Wegfall von Arbeitsplätzen. Die SPD schwankt zwischen Ablehnung und Befürwortung der neuen Regel hin und her.
In einer kürzlich abgehaltenen Sitzung des Innenausschusses konnte kein Konsens zur Problemlösung erzielt werden. Klar ist, dass eine Massenentlassung von über 2.000 Menschen mitten in der Gesundheitskrise zu massiver öffentlicher Kritik führen könnte. Es bleibt vorerst unklar, ob das Land die Kündigungen in Kauf nimmt, nur um die vieldiskutierte Regel schnellstens durchzusetzen.